Wir haben immer ein Auge auf die Welt um uns herum

Betriebsreportage Vroege
Familie Vroege aus Dalen

Die Familie Vroege bewirtschaftet im niederländischen Dalen unweit der Grenze zur deutschen Region Ostfriesland einen Milchviehbetrieb mit 1100 Kühen. Hier werden für CRV die Futteraufnahmedaten von Kühen in der Praxis erfasst.

Der kleine Parkplatz auf dem Milchviehbetrieb, den Familie Vroege im niederländischen Dalen bewirtschaftet, ist häufig voll besetzt, und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Ursächlich dafür sind nicht zuletzt die VIP-Touren für Landwirte, die CRV Deutschland regelmäßig in den Niederlanden durchführt und bei denen die Besichtigung des Betriebs Vroege ein fester Programmbestandteil ist. „Ich tausche mich gerne mit Berufskollegen aus und bin stolz darauf, unseren Betrieb zu zeigen“, sagt Wilco Vroege, der uns den Familienbetrieb vorstellt.

Besucher

Aber nicht nur ausländische Besuchergruppen wollen wissen, was auf einer ‚Megafarm‘ mit über 1.100 Kühen so vor sich geht. Auch die Anwohner aus der Umgebung können einen Blick hinter die Kulissen werfen. „Wenn man Lebensmittel produziert, muss der Betrieb transparent sein“, betont der zweifache Vater. „Zudem entstehen schnell Vorurteile, wenn ein großes Unternehmen wie unseres seine Türen verschlossen hält. Das wollen wir verhindern, und deshalb zeigen wir gerne, was wir alles machen.“ Darüber hinaus versucht die Familie Vroege, der Gesellschaft auch etwas zurückzugeben – nicht nur durch die Begrüßung von Besuchern auf dem Hof, sondern auch durch ‚grüne‘ Maßnahmen. So gewährt die Familie der Öffentlichkeit beispielsweise freien Zugang zu ihrem 45 ha großen Dauerwald, der von mehreren Wander- und Reitwegen durchzogen ist.

Wilco
Wilco Vroege (34) führt uns voller Stolz durch den Betrieb seiner Familie.

Futtereffizienz

Wir haben immer ein Auge auf die Welt um uns herum, und darum sind wir einer der fünf Praxisbetriebe, die in Sachen Futtereffizienz eng mit CRV zusammenarbeiten. Wir sehen doch selbst, dass die Rohstoffe immer knapper werden, und deswegen ist es uns wichtig, daran mitzuarbeiten, die Lebensmittelproduktion effizienter zu machen“, informiert Wilco Vroege.

Der Betrieb zählt seit September 2019 zu den fünf Praxisbetrieben, welche die Futteraufnahme ihrer Kühe für CRV messen. Wilco weist darauf hin, dass Milchviehbetriebe Futterkosten in beträchtlicher Höhe einsparen können. „Futter macht mehr als die Hälfte unserer Kosten aus. Wenn ich diese Kosten um fünf bis zehn Prozent verringern kann, resultiert das bei über 1.100 Kühen in einem enormen Gewinn.“ Heute gibt es hier im Stall 84 Wiegetröge, mit denen Futteraufnahmedaten erfasst werden. Auf der Basis dieser Informationen wird die Futtereffizienz ständig wechselnder Gruppen von Kühen berechnet, die in der ersten bis dritten Laktation melken. Alle Kühe erhalten bis zu 300 Tage in der Laktation die gleiche Ration. Dabei handelt es sich um eine TMR aus 5 kg Grassilage, 8,2 kg Mais, 2,6 kg zerkleinerter Gerste, 1,3 kg Rübenpressschnitzel, 0,7 kg Weizenhefekonzentrat, 2,2 kg Sojamehl und 1,5 kg Mineralergänzung.

Stall Vroege
Blick in den Stall Vroege: Alle Kühe in der Testgruppe melken in der 1. bis 3. Laktation.

Zucht

„Zucht ist für uns weit mehr als nur ein Hobby“, erklärt Wilco. „Wir versuchen, unsere Herde so schnell wie möglich zu verbessern und unser Zuchtziel zu erreichen.“ Mit HerdOptimizer lassen Vroeges alle Kuhkälber typisieren und selektieren dann die besten Tiere anhand der genomischen Zuchtwerte. Die 70 % Prozent genetisch wertvollsten Färsen werden mit gesextem Sperma besamt, die übrigen mit konventionellem. Bei den melkenden Tieren sind es die besten 5 %, bei denen gesextes Sperma zum Einsatz kommt, während die nächstbesten 25 % mit konventionellem Samen belegt werden. Die weniger wertvollen 70 % der Herde werden mit Weißblauen Belgiern angepaart. Bei der Auswahl der am besten geeigneten Bullen hilft das Anpaarungsprogramm SireMatch. „Auf diese Weise können wir nicht nur unser Zuchtziel am schnellsten erreichen, sondern auch das genetische Potenzial der Herde verbessern.“ Das Zuchtziel sind Kühe mit guter Futtereffizienz und durchschnittlicher Milchleistung bei hohen Inhaltsstoffprozenten. Es werden CRV-Bullen eingesetzt.

Kühe Vroege
Der Betrieb arbeitet seit vielen Jahren mit CRV zusammen. Daher stammen inzwischen fast alle Kühe von CRV-Bullen ab

Zuchtwerte

Kritiker des Zuchtwerts Futtereffizienz weist Wilco Vroege in ihre Schranken. „Man muss den Zuchtwert für Futtereffizienz ähnlich wie andere Zuchtwerte betrachten. Als Beispiel möchte ich hier den Zuchtwert CRV Effizienz nennen. Dabei handelt es sich um einen aus wirtschaftlich bedeutsamen Komponenten zusammengesetzten Gesamtzuchtwert, in dem auch die Lebensdauer der Kühe sowie die Milchleistung, die Milchinhaltsstoffe und unter anderm auch die Persistenz berücksichtigt werden. Aus unserer Sicht ist das der neue Gesamtzuchtwert, der den NVI ersetzt“, meint der Niederländer. Was die aktuelle Futtereffizienz auf dem Betrieb Vroege angeht, produzieren die Kühe der Herde im Schnitt zwischen 1,45 kg und 1,55 kg Milch aus einem Kilogramm Trockenmasse.

Familie Vroege
Sie sind die Zukunft des Betriebs der Familie Vroege (von links): Thomas (20), Sander (28), Elma (32), Bryan (22), Jeroen (29), Chantal (17), Maaike (16) und Wilco (34) Vroege.

Betriebliche Entwicklung

Wilcos Vater Aart Vroege kam 1966 mit seinen Eltern und drei Brüdern an den heutigen Standort. „Damals haben wir 18 Kühe gemolken und Hühner und Schweine gehalten“, erinnert sich der heute 66-Jährige. „1982 waren es dann schon 45 Kühe, und wir haben einen Liegeboxenlaufstall gebaut. Sowohl meine Brüder als auch ich wollten den Betrieb weiterführen, und wir haben dann beschlossen, das gemeinsam zu tun und auf 200 Kühe aufgestockt. 2007 bauten wir den Boxenlaufstall um und installierten ein Melkkarussell. 2015 kam ein zweiter Stall hinzu“, so Aart. „Die Kinder sind nach und nach in den Betrieb eingestiegen, und seitdem expandieren wir stetig.“ Heute bewirtschaftet Familie Vroege 600 ha (75 % Eigentum, 25 % Pacht). Der Herdendurchschnitt beträgt bei dreimaligem Melken knapp 10 600 kg mit 4,22 % Fett und 3,53 % Eiweiß. „Da ist noch Luft nach oben, und dann werden wir noch effizienter produzieren“, ist Aart überzeugt. „Unsere komplette Familie muss von dem Betrieb leben. Zehn Familienmitglieder sind die Eigentümer. Das bedeutet hundert Kühe pro Person, was einer durchschnittlichen Betriebsgröße entspricht – mit dem Unterschied, dass die Kühe und die gesamte Familie an einem Standort versammelt sind“, sagt Aart schmunzelnd.
Für die Zukunft haben die Vroeges große Pläne. Für das Jungvieh soll 500 m vom Hof entfernt ein neuer Stall mit Platz für 800 Stück Jungvieh gebaut werden. „Dadurch werden wir hier mehr Platz für die Abkalber sowie für die Kühe geben, die etwas mehr Aufmerksamkeit benötigen. Das Jungvieh ist aktuell in den alten Gebäuden untergebracht, die nicht mehr unseren Standards und dem unserer 25 Mitarbeiter entsprechen.“ Im vergangenen Jahr wurde bereits der Kälberbereich erneuert und erweitert.

Luftbild Vroege
Der Betrieb Vroege von oben

Weitere Standbeine

Weitere Standbeine der Familie Vroege sind ein angegliedertes Lohnunternehmen und eine Photovoltaikanlage, die 9000 m2 Dachfläche beansprucht. Ein Grund für diese Investition war die große Hitze, die in den vergangenen Sommern geherrscht und bei den Kühen zu erheblichem Hitzestress geführt hat. Um dem künftig zu begegnen, beschloss man, die Ställe mit Ventilatoren auszustatten. Weil aber die Elektroanlage bis zur Kapazitätsgrenze ausgelastet war und keinen zusätzlichen Lüftern mehr standhalten würde, war die Installation von Solarpaneelen die logische Konsequenz. „Wir werden mit der neuen Anlage schon bald rund 1,7 Megawatt Strom erzeugen, aber lediglich zehn Prozent selbst benötigen. Den überschüssigen Strom können wir verkaufen. Wir sind dann nicht nur klimaneutral, sondern sogar CO2-negativ“, freut sich Wilco. „Wenn alles richtig berechnet wurde, wird uns die Photovoltaikanlage wohl mehr Geld einbringen als die Milch, die unsere Kühe geben. Aber unser Hauptinteresse gilt der Optimierung des Milchviehbereichs. Deswegen wollen wir auch den Plan, einen neuen Stall für das Jungvieh zu bauen, möglichst schnell umsetzen.