Vet facts - Futtertischmanagement

Futtertischmanagement

Gewaltiges Wort für eine simple Sache: Kühe können jederzeit fressen. Und so selbstverständlich das klingt, es gibt Leute wie Trevor de Vries, die sich seit Jahrzehnten damit beschäftigen - ist es doch nicht so simpel? Er macht Verhaltensforschung und Rationsberechnung, und was hat das miteinander zu tun?

Papier ist geduldig und Kühe sind es nicht. Denn wir kennen alle folgende Situation, wenn auch hoffentlich nicht von zu Hause: der Mischwagen fährt durch den Stall und danach ist der Futtertisch voll. Alle Kühe kommen zum Fressen ran. Warum wollen wir das denn nicht sehen? Weil es bedeutet, dass das Futter, was vor dem Füttern da war, lange nicht so gut schmeckt, wie das Frische. Und das darf nicht sein. Noch schlimmer wäre es, wenn die Kühe an den Futtertisch kommen, weil sie "schlechten Hunger" haben. Es gibt guten Hunger und schlechten Hunger. Der gute Hunger ist der, der aufgrund hoher Nachfrage entsteht (die Kuh hat eine hohe Leistung und einen schnellen Stoffwechsel). Der schlechte Hunger ist der, der aufgrund von knappem Angebot entsteht.

Wenn also der Futtertisch irgendwann leer ist, ist das ganz schlecht. Denn die Stallhaltung ist ein Kompromiss: Die Kuh kann nicht einfach da fressen, wo sie gerade steht. Der Futtertisch an sich ist schon ein limitierender Faktor. Wenn da jetzt nicht mal was ist, haben wir schon zwei limitierende Faktoren. Zumal Erreichbarkeit ein sehr großer Faktor ist. Denn wenn nicht oft genug angeschoben wird, gibt es diese "Futteraufnahmebremse" ja vor jedem Anschieben und vor jedem Füttern und oft auch nachts - also zB. 5x täglich plus nachts, das bedeutet gewaltige Verluste.

Kann die eine Kuh, die vor dem Anschieben gerade hätte fressen wollen, nicht einfach schneller fressen? Das mache ich ja auch, wenn ich mal wenig Zeit habe. Ja, kann sie - und macht sie auch. Aber wie schon meine Oma sagte: gut gekaut ist halb verdaut. Und das ist ja bekanntlich gerade beim Wiederkäuer sauwichtig. Denn durch die Speichelproduktion beim Kauen wird der pH-Wert im Pansen auf stabile Werte abgepuffert - bei den heutigen Futterkosten ziemlich wichtig. Denn durch schwankende Bedingungen im Pansen arbeiten die Mikroben nicht wie sie könnten. Schlecht arbeitende Mikroben sind ein weiterer limitierender Faktor, der Verluste auf dem Weg zwischen Input und Output verursacht. Es kommt also nicht die Gesundheits- und Milchleistung dabei raus, die ich erwartet hatte. Schneller fressen ist keine Option. Schnell fressen passiert auch bei Lahmheit (die Kuh ist nicht so oft am Futtertisch und muss dann sehen, dass sie die Menge reinkriegt) oder wenn die Herde stundenlang vom Fressen abgehalten wird (Melken?).

Erreichbarkeit des Futters

Punkt eins auf der Liste ist also: Erreichbarkeit. Zu sehen an Nackenbeulen. Gibt es viele Kühe mit Beulen oder Scheuerstellen im Nacken, ist das Futter nicht gut erreichbar - es erfordert schon ganz schönen Druck, um solche Beulen zu verursachen. Das macht keine Kuh aus Spaß, sondern nur aus Zwang. Nämlich wenn sie sonst nicht rankommt oder wenn sie lahm ist und Laufen noch mehr wehtun würde.

Zur Erreichbarkeit gehört auch die Belegdichte: man rechnet 70 cm pro Kuh (Trockene 75) und möglichst viel Platz im Laufgang, also keine Überbelegung des Stalls. Wenn an einem Ende des Futtertisches mehr gefressen wird als am anderen, dann wird da mehr vorgelegt. Aber das sollte klar sein.

Futtertisch
Ein gutes Futtertischmanagement wirkt sich positiv auf Gesundheit und Leistung der Kühe aus

Sortierbarkeit des Futters

Punkt zwei: Sortierbarkeit. Wenn man ganz vorne dabei sein will, dann überprüft man mithilfe einer Schüttelbox, wie viele lange Fasern (werden leichter aussortiert) in der Ration sind und wie leicht sie sich von anderen Komponenten wie Kraftfutter trennen lassen. Das wird die Kuh mit ihrer Zunge nämlich auch testen, und wenn möglich, wie Kinder erst die Gummibärchen essen und den Rosenkohl liegen lassen. Pragmatisch ist auch, folgende Punkte zu prüfen: Schwanken die Milchinhaltsstoffe? Die Leistung? Die Gesundheit? Alle haben das gleiche gefressen, der Mist ist aber von dünn bis dick? Gibt es Wellen von Zellzahlproblemen, Lahmheiten und Labmagenverlagerung, die kommen und gehen ohne Ursache? Dann ist vermutlich Sortieren die Ursache.

Würdest du es wollen, wenn es jeden Tag, morgens, mittags, abends das gleiche gibt? Nein, aber du bist auch kein Wiederkäuer.

Qualität des Futters

Punkt 3: Qualität. Zum Futtertischmanagement gehört auch, dass das Futter nicht verdirbt. Beziehungsweise, dass es aufgefressen ist, bevor es verdirbt. Denn sobald es aus dem Silo entnommen ist, wird es früher oder später schlecht. Es kommt Luft an das unter Luftabschluss silierte Grundfutter, wir fügen Wasser hinzu und leicht verdauliche Komponenten - natürlich wird es irgendwann umgesetzt. Am besten von den Pansenmikroben, dann ist der Milchtank auch voller. Futtertischmanagement beginnt also schon am Silo: wenn da viel loses Futter rumliegt, fängt der Verderb schon an, bevor die Kühe überhaupt die Chance haben, es aufzufressen und selbst zu verdauen. Das gilt auch für Schimmel- oder warme Stellen im Silo. Wenn eins von beidem passiert, heißt das leider, dass das Futter dort gestern oder vorgestern verdorben ist. Also circa einen Meter vorher (70-100cm), und so viel müsste theoretisch verworfen werden und sollte nicht an die Kühe gehen (schon gar nicht an Trockene). Leider ist das, was man müsste und was man kann aufgrund der vorhandenen Futtermenge oft ein fauler Kompromiss. In dem Fall muss unbedingt die Ursache gefunden werden, damit mit der nächsten Ernte, Lagerung und Entnahme nicht wieder solche Stellen entstehen – hier der Verweis auf unseren Artikel zum Silagetraining im Dezember.

Im Winter, bei Kühlschranktemperaturen, hält sich die Ration ganz gut auf dem Futtertisch. Aber von O bis O kommt durch wärmere Außentemperaturen eine Schwierigkeit dazu. Hier ist es absolut zu empfehlen, einen Stabilisator einzusetzen. Der verhindert den Verderb nicht, kann ihn aber so lange verzögern, dass die Damen Chance haben, das Futter vorher wegzufressen. In dem Zusammenhang ist eine Futtertischbeschichtung auch sinnvoll. Denn wenn zwischen den Steinen eines aufgelösten Betons eine riesige Oberfläche voller Gammelbakterien sitzt, fressen die das Futter von unten. Und riechen dabei komisch, so dass niemand mehr Lust hat, von dieser Fläche zu essen.

Apropos Verderb: wichtig ist auch immer ein Blick unter die Mischwagenschnecke (gleich eine Maske und Schaufel mitnehmen, den Schimmel einzuatmen ist nicht gut und es muss weg, was man da findet!). Der zweite sehr beliebte Platz für Schimmelbildung ist das Kraftfuttersilo. Wer gerade am Planen ist, kauft nicht ein großes, sondern zwei kleine Silos und macht sie immer richtig leer zwischen zwei Lieferungen. Dadurch wird man auch über Feiertage etwas flexibler und kann seinem Lieferanten etwas entgegenkommen.

Routine

Für die Gewohnheitstiere ist die Uhrzeit auch entscheidend: Jeden Tag gleich. Klappt das bei euch? Warum nicht?

Ein Anzeichen dafür, dass am Futtertisch alles top abgestimmt ist: Beim Füttern stehen nicht mehr als 20% der Tiere auf und kommen an den Futtertisch.