Die Einführung der Single Step-Methodik bei allen Merkmalen hebt die Qualität der genomischen Selektion auf eine neue Stufe. Mit diesem Beitrag wollen wir einige Rahmendaten der neuen Verfahren beschreiben und einen Überblick über die daraus ableitbaren Änderungen in den Zuchtwerten geben. Die bisherige genomische Zuchtwertschätzung (ZWS) basiert auf einer Lernstichprobe aus nachkommengeprüften Bullen mit sicheren Zuchtwerten. Sie wird bislang in zwei Stufen durchgeführt. In einer ersten Stufe werden Zuchtwerte ohne Einbeziehung von genomischen Informationen berechnet (sog. konventionelle ZWS). In einer zweiten Stufe werden dann Ergebnisse aus der ersten Stufe mit den Genotypen in der Lernstichprobe in Verbindung gebracht. Mit den hier geschätzten Zusammenhängen werden genomische Zuchtwerte für genotypisierte Tiere abgeleitet, die nicht in der Lernstichprobe enthalten waren (z.B. Jungtiere oder Kühe). Da es sich um zwei klar getrennte Schritte handelt, bezeichnet man die bisherigen Methoden als zweistufige oder Two Step-Verfahren.
Das ändert sich grundlegend in den neuen Single Step-Verfahren, in denen die konventionelle und genomische Schätzung zu einem Verfahren verschmelzen. So können alle genotypisierten Tiere, die Eigen- und Nachkommenleistungen haben, zur Kopplung von Phänotyp- und Genotypinformation genutzt werden. Neben den genotypisierten Besamungsbullen können so die umfangreich vorhandenen genotypisierten Kühe mit ihren Eigenleistungen und auch die in der ZWS einbezogenen genotypisierten Natursprungbullen zu einer genaueren Kopplung beitragen. Da alle Tiere im gemeinsamen Schätzsystem enthalten sind und verwandtschaftlich miteinander in Beziehung stehen, kann die Information auch auf alle Tiere zurückfließen. Im Single Step profitieren demnach auch die untypisierten Tiere von dem Informationszuwachs, was etwa in deutlichen Anstiegen der Zuchtwertsicherheiten untypisierter Mütter mit mehreren typisierten Kälbern sichtbar wird.
Die Single Step-Verfahren sind damit der wichtige Schritt, um die im Rahmen der extensiven Kuhlernstichproben- Projekte FleQS (Bayern), Fo-KUHs (Österreich) und Fleckfficient (Baden- Württemberg) genotypisierten Tiere optimal zu verwerten. Die genotypisierten Tiere mit Phänotypen bilden die Lernstichprobe, die im Single Step nicht mehr klar abgrenzbar ist, denn auch untypisierte Eltern von mehreren Kandidaten tragen mit ihrem Phänotyp zur Schätzung der Genotyp- Phänotyp-Kopplung bei. Der Vergleich mit den bisher klar abgrenzbaren Bullenlernstichprobe im Two Step zeigt schon beeindruckend, wie viel zusätzliche Information in der neuen Zuchtwertschätzung genutzt wird.