Vet facts - Schwere Euterentzündung

Euterentzündung

Heftige Mastitis kennt jeder: Innerhalb weniger Stunden treten Symptome wie Schwellung, Rötung, Schmerzhaftigkeit, starke Veränderungen des Sekrets, gestörtes Allgemeinbefinden oder sogar Festliegen auf. Was passiert im Euter und braucht wirklich jede Kuh eine Tube oder ein systemisch verabreichtes Antibiotikum?

Schwere Euterentzündungen mit heftigem Verlauf werden meistens von coliformen Keimen verursacht. Sie sind Gram negativ und haben die schlechte Eigenschaft, innerhalb von wenigen Stunden durch die Produktion von LPS-Giften und der darauf aktivierten schweren Entzündungsreaktion des Körpers eine Blutvergiftung zu verursachen. Wenn die Mastitis bemerkt wird, sind die meisten Gifte freigesetzt und der Kreislauf steht schon vor dem Kollaps.

Zu diesem Zeitpunkt ist ein Abtöten der Bakterien durch Antibiotika nicht mehr ausschlaggebend, sondern die Blutvergiftung muss unbedingt behandelt werden, bevor sie zum Schock führt und die Kuh festliegt. Flüssigkeitszufuhr zum Stabilisieren des Kreislaufs und „Ausspülen“ der Gifte sind die wichtigste Therapie. Zusätzlich ist ein Schmerzmittel hilfreich, da es entzündungshemmende Wirkung hat.

Flüssigkeit sollte einer aufrechten Kuh am besten gedrencht werden. Hier sind 50 Liter lauwarmes Wasser sinnvoll. Danach einen Calciumbolus geben und zwei Liter hypertone Natriumchlorid-Lösung infundieren. Durch die salzige Lösung in der Ader wird das gedrenchte Wasser ins Blut gezogen und der Kreislauf stabilisiert.

Ein Antibiotikum ist bei schweren heftigen Euterentzündungen also nicht das erste, bleibt aber oft wichtig und sollte vom Hoftierarzt durch Antibiogramme zur Wirksamkeit bestätigt werden.

Milde klinische Euterentzündung im Gegensatz zur subklinischen, also unterschwelligen Euterentzündung

Milde klinische Euterentzündung, also wenn das Sekret flockig verändert ist, aber die Kuh mit Appetit frisst, ist schwierig: es muss meistens schnell entschieden werden, ob sie behandelt wird oder nicht. In 30-40% der Fälle ist kein Erreger nachweisbar – der Auslöser ist also entweder schon wieder weg oder es war ein kurzfristiges Aufflackern einer chronischen Entzündung, die sowieso nicht mehr antibiotisch behandelt werden braucht. Schmerzmittel sind aufgrund ihrer entzündungshemmenden Wirkung fast immer die richtige Wahl. Antibiotika nicht.

Es sollte bekannt sein, welche Antibiotika auf dem Betrieb in aller Regel wirken. Bei einer Euterentzündung, wo außer Flocken in der Milch nichts zu sehen ist, braucht es meist kein Antibiotikum. Wenn das Euterviertel hart wird, die Kuh aber sonst noch gut drauf ist, kann mithilfe von Schnelltests bis zur nächsten Melkzeit entschieden werden, ob die Kuh außer einem Schmerzmittel und evtl. Drenchen noch ein Antibiotikum braucht.

Subklinische Euterentzündungen brauchen gar nicht antibiotisch behandelt werden, außer bei frisch gekalbten Färsen – bei allen anderen ist keine Heilung durch Antibiotika zu erwarten. Das gilt also für Kühe, die drei Kontrollen über 700.000 Zellen hatten oder schon mehrere Euterentzündungen seit der letzten Kalbung. Hier sollte sich allgemein die Frage gestellt werden, ob die Kuh noch im Bestand bleiben soll.

Grundsätzlich gilt auch hier wieder unser Motto: „Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Also bei Unsicherheiten immer den Tierarzt des Vertrauens konsultieren.