Vet facts - Die ersten Tage nach der Geburt

Kuh- ersten Tage nach der Geburt

Dass wir bei möglichst wenigen Kalbungen eingreifen wollen, ist ja klar. Dass es manchmal muss, ist auch Tatsache. Wie gehe ich mit der Kuh nach der Kalbung um? Was sollte ich beachten? Dieses Thema hat sich unsere Vet facts-Community gewünscht und das wollen wir nun in diesem Beitrag beantworten.

Dass wir bei möglichst wenige Kalbungen eingreifen wollen, ist ja klar. Dass es manchmal muss, ist auch Tatsache. Kommt das aber bei mehr als jeder 10. Kuh vor, sollte man sich zwei Fragen stellen.

1. Bin ich zu nervös? Könnte man die Kühe länger alleine lassen beim Kalben?

2. Warum müssen wir so vielen Kalbungen helfen? Stimmt die Anpaarung? Stimmt die Trockensteherfütterung? Macht die Haltung die kalbende Kuh nervös? Hier verweisen wir auf die vorangegangen Blogartikel!

Aber kommen wir zur Kuh nach der Kalbung. Es gelten für alle frischen Kühe die gleichen Regeln. Nach einer schweren Geburt gilt außerdem: brauchte die Kuh bei der Geburt Hilfe, braucht sie es auch in den ersten Tagen.

Auf die Grundlagen kommt es an!

Egal welche Strategie jeder einzelne Betrieb fährt: am besten bezahlt machen sich die Grundlagen. Für eine frisch gekalbte Kuh geht es um zwei ganz grundsätzliche Dinge: sie braucht Wasser und Futter. JETZT!

Da eine Kalbung, auch wenn sie gut und normal verlaufen ist, immer anstrengend war: am besten Wasser anbieten. Sauberes frisches Wasser (handwarm) und davon so viel wie möglich. Es gibt verschiedene Zusätze, die man einmischen kann für eine bessere Schmackhaftigkeit oder Milchfieber- und Ketoseprophylaxe. Das Wichtige daran ist aber immer die Wassermenge. Wenn sie 60 Liter säuft: hervorragend. Wenn sie wirklich gar nichts möchte: 30-40 Liter drenchen. Die Pansenfüllung ist jetzt echt wichtig und unbedingt nötig für das Ablösen der Nachgeburt und den weiteren Gesundheitsverlauf. Viel Wasser trinken, sonst wird man krank. Geht uns ja auch nicht anders.

Um die Anstrengungen und die jetzt einsetzende Milchleistung gut aufzufangen, ist natürlich die Futteraufnahme das Zweitwichtigste. Hier bringt Heu leider gar nichts. Der Energiegehalt ist zu niedrig. Frische Kühe sollten Zugang zu frischer Milchkuhration haben. Damit die gut gefressen wird, braucht es drei Dinge:

1. Das Futter muss frisch und gut erreichbar sein, denn die Kuh hat gerade nach der Kalbung keinen Nerv, sich dafür anzustrengen. Wenn sie es fressen soll, muss es besser als durchschnittlich sein, auf Deutsch: frisch und direkt vor ihrer Nase.

2. Wenn es bis zur Kalbung eine strohlastige Trockensteherration gab, kann man hier noch den Effekt „neu“ nutzen: es gibt was Neues, eine neue Ration mit leckerem Energiegehalt, das ist wie Nachtisch – der geht immer.

3. Noch ein Trick ist, das neugeborene Kalb auf die Ration auf dem Futtertisch zu legen. Die Kuh wird das Kalb da trockenlecken und wenn das trockene Kalb in seine Box gekommen ist, frisst sie die Ration, die nach Kalb schmeckt.

Ein weiterer Vorteil ist, dass man die Kuh gut melken kann, während sie sich um das Kalb kümmert. Dann kann das Kalb schnell mit Kolostrum versorgt werden und das ist auch fertig. Check!

Den Tierarzt konsultieren

Hängt am Tag nach der Kalbung noch Nachgeburt fest, sollte was getan werden? Bei Unklarheiten immer Tierarzt fragen, das ist besser als sich hinterher zu ärgern. Für Medikamente braucht man sie/ihn ja eh. Ansonsten:

Kuh jeden Tag beobachten:

- frisst sie, ist der Pansen voll?

- Steigt ihre Milchleistung jeden Tag?

- Aktivitätsgrafik kontrollieren

- Ohren oder Schwanz kalt? Augen eingesunken? Sieht sie geschwächt aus?

- Stinkt der Ausfluss aus der Gebärmutter? Ist der Ausfluss nicht schleimig-gelblich sondern dünnflüssig-bräunlich?

- wie hoch ist ihre Körpertemperatur? Messung an der Wand des Rektum (Thermometer zur Seite drücken):

a) 1 Tag über 39,5 macht nichts
b) 2 aufeinander folgende Tage hohe Temperatur/Fieber: 3 Tage lang Amoxicillin geben.

Behandlung bei Nachgeburtsverhalten (wenn am Tag nach der Kalbung noch Nachgeburt zu sehen ist):

- Drenchen mit Pansenstimulans und 40-50l Wasser, danach einen Calciumbolus eingeben

- 3 Tage lang, jeden Tag 300g Propylenglycol eingeben

- 3 Tage unter Schmerzmittel

- 3 Tage unter Amoxicillin, nur bei Fieber!

- Sieht die Kuh krank und geschwächt aus: erst 50-60l Wasser mit Pansenstimulans drenchen und dann 2 Liter Hypertone NaCl-Lösung in die Ader geben

- Nicht in Scheide oder Gebärmutter fassen!

Richtig drenschen!

Immer dieses ganze Drenchen, muss das wirklich sein? Da kann man ja auch eine Kuh mit Umbringen! Richtig, wenn der Schlauch statt im Pansen in der Lunge steckt, ist das tödlich. Also lasst es euch von eurer Tierärztin zeigen! Richtig gemacht ist es Gold wert.

Wird sie krank, fängt die Rennerei ja erst an: Spritzen verteilen, drenchen, Fieber messen, Festlieger retten, Bänder um die Beine, in die Kanne melken, testen und diese ganze Last immer im Kopf: "Hoffentlich liegt sie nicht in der Box fest, hoffentlich weiß der Mitarbeiter das mit den Bändern am Bein noch oder hoffentlich schaffe ich es selbst beim Melken dabei zu sein…"
Kennte jeder, kann man sich sparen. Denn wenn die Kuh einmal krank ist, ist es viel Arbeit. Und blöd fürs Tier. Über die Leistung haben wir ja noch gar nicht gesprochen: weniger Milch ist klar, und das Risiko, sich eine zweite Krankheit einzufangen, ist hoch. Und wer zweimal krank war nach der Kalbung, wird zu 60% schlechter tragend.

Also kurz gesagt: vorher finden und vielleicht zweimal Drenchen ist sehr viel weniger Arbeit und Leistungsverlust.