Vet facts - Das Mikrobiom

Vet facts - Mikrobiom

Das nächste hochgestochene Wort...schon Mal gehört? Wer bei uns den EBB-Kurs gemacht hat, hat’s sicher noch im Kopf, denn unser Kursleiter Dr. Johann Haunroth weist immer wieder gerne auf die Mikroben in der Kuh hin. Alle anderen kennen vielleicht nicht das Wort, aber beim Kalb weiß jeder Landwirt/Rinderhalterin Bescheid: Ein junges Kalb wird erst noch zum Wiederkäuer und dafür braucht es einen Pansen voll Mikroben, die alles verdauen.

Der Trick ist - wie bei einer milchgebenden Kuh - einfach nur, die Mikroben möglichst wenig bei der Arbeit zu stören. Wenn man sie lässt, machen sie einen hervorragenden Job. Das geht beim Kalb so los: Wenn es auf die Welt kommt, ist niemand im Verdauungstrakt. Keine Bakterien, Mikroorganismen, Viren, Pilze oder was auch immer. Dann geben wir Kolostrum und dabei bekommt es die ersten Mikroben gefüttert. In den ersten zwei Wochen besiedeln diese - und andere Umgebungskeime - dann mehr vom Verdauungstrakt. Wenn der Pansen wächst und sich das Kalb zum Wiederkäuer entwickelt, müssen da natürlich auch noch Mal welche rein. Das passiert ganz automatisch und langsam mit dem Wachsen. "Das Mikrobiom" ist einfach die Gesamtheit aller Mitbewohner im Verdauungstrakt. Es ist bei jedem Tier ein bisschen anders zusammengesetzt und wir wissen noch nicht allzu viel darüber.... Außer, dass es sauwichtig ist! Logisch, denn die ganze Verdauung hängt ja daran. Und es ist im Darm, wo 70% des Immunsystems sitzen. Es liegt wie ein Netz um den Darm und wird von den Mikroben bei Laune gehalten. Diese ganzen Lebewesen sind so wichtig! Ohne sie wäre das Kalb tot.

Wenn wir eine Skala annehmen, dann wäre das von "Mikrobiom gesund = Kalb gesund" bis "Mikrobiom tot = Kalb tot". Diese Skala ist beim jungen Kalb sehr kurz, sagen wir mal von 0 bis 5. Jeder Schritt in die falsche Richtung bringt das anfällige Kalb gleich dem Tod näher. Je älter, desto mehr kann es ab. (Bullen kriegen bei euch auch Schimmel zu fressen? Können die ja meistens ab). Dann sagen wir mal, die Skala geht dann bis 10=tot. Bis man da angekommen ist, dauerts halt länger.

Jeden Tag, den wir Kälber halten, bewegen wir uns auf der Skala. Mit allem, was wir tun. Füttern wir top sauberes Kolostrum: richtige Richtung. Nicht so sauber: es geht ein Stückchen Richtung "krank" (muss ja nicht gleich tot sein). Liegen sie trocken und ist die Umgebung sauber: richtige Richtung. Haben sie Wasser (ist gut für die Mikroben!): Richtige Richtung. Gibt's gutes Raufutter: richtig. Gibt's heute 140 g MAT und morgen 160 g und übermorgen 120 g: ganz blöd. Mikroben darf man nicht so bei der Arbeit stören!
Und dann gibt's noch eine ganz Mikroben-ungesunde Sache: Antibiotika. Die brauchen wir ab und zu gegen fiese Bakterien. Problem daran: Sie wirken nicht nur gegen Fiese, sondern auch gegen Gute. Das Mikrobiom (die Gesamtheit aller Guten) wird dadurch auch geärgert und es geht in die falsche Richtung. Es ist ja klar, dass wir bei einer bakteriellen Infektion manchmal nicht um‘s Antibiotikum herumkommen. Nun ist aber auch klar geworden, warum wir wirklich aufpassen sollten, dass es nicht so weit kommt. Denn wenn gerade bei jungen Kälbern das Mikrobiom verändert wird (z.B. durch Antibiotika), wird es nie mehr so wie es soll. Dieses Tier wird für immer krankheitsanfälliger bleiben. Habt ihr Kühe, die immer wieder mit Flocken auffallen? Die nach jeder Kalbung Startschwierigkeiten haben? Es sind immer die Gleichen, oder? Es lohnt sich sehr, bei den Kälbern alles zu verbessern, was sich machen lässt. Es ist machbar, Kälberverluste auf 1% zu drücken! Und es ist sinnvoll! Jede behandlungswürdige Krankheit im Kälberalter kostet 500 kg Milchleistung in der ersten Laktation. Was der wichtigste Hebel ist: Die Grundlagen im Griff haben. Je mehr man liest und sich bildet und Betriebe besucht, wo es top läuft, desto eindeutiger wird es: Die geben nur top Kolostrum, streuen nach festem Plan ein, es gibt immer sauberes Wasser und kleine feste Gruppen. Es geht nicht um Zusatzprodukte, sondern darum sich selbst zu fragen: „Was würde jemand Fremdes hier wohl sehen? Wie können wir die Haltung und Fütterung so machen, dass die Kälber in den kritischen ersten zwei Wochen gar kein Antibiotikum brauchen?“. Also später natürlich auch möglichst nicht, aber in den ersten zwei Wochen sollte es wirklich vermieden werden!