Lisa Heinrich und ihr Mann Herbert bewirtschaften im oberfränkischen Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge einen Milchviehbetrieb mit insgesamt 130 Fleckviehkühen. Als Lisa vor zehn Jahren auf den Betrieb kam, war ihr Schwiegervater der Betriebsleiter, und auch heute noch packen Herberts Eltern tatkräftig mit an. Während sich die Männer hauptsächlich um Fütterung und Außenwirtschaft kümmern und die Schwiegermutter um die Boxenpfl ege, ist Lisa für das Herdenmanagement verantwortlich. In diese Aufgabe musste sie sich erst einmal intensiv einarbeiten, denn die Landwirtschaftsmeisterin kommt von einem reinen Ackerbaubetrieb und hatte zuvor in Sachen Milchviehhaltung so gut wie keine Erfahrung.
Heute ist Zucht ihre Leidenschaft
Bevor Lisa Heinrich auf den Betrieb in Weißenstadt kam, wusste sie
kaum etwas über Milchviehhaltung. Heute ist sie mit Leib und Seele
Züchterin und hat bereits Zuchtbullen an Besamungsstationen verkauft.
Bestandserweiterung
Im Jahr 2008 baute man einen Stall für 80 Kühe, der zehn Jahre später um 60 Liegeplätze erweitert wurde. Weil man diese zusätzlichen Kuhplätze möglichst bald nutzen wollte, kaufte der Betrieb Tiere zu. Heute käme das für die 29-Jährige nicht mehr in Frage. Lisa Heinrich dazu: „Über die zugekauften Tiere haben wir uns Mortellaro in die Herde geholt, und das ist bei uns noch immer die Abgangsursache Nummer 1. Heute würde ich nur noch mit der eigenen Nachzucht aufstocken. Zum Glück ist die Herde jetzt komplett, und ich kann selektieren.“ Wegen der baulichen Gegebenheiten ist die Herde geteilt. Der eine Teil wird mit einem Lely A3 Roboter gemolken, der andere mit einem A4. Welche Kuh welchem Teil der Herde zugeteilt wird, entscheidet ausschließlich das jeweils verfügbare Platzangebot. Die Durchschnittsleistung der Kühe ist in beiden Herdenteilen gleich hoch.
Zucht
Früher hat Lisa Heinrich sich überhaupt nicht für die Zucht interessiert, aber heute ist sie ihre Leidenschaft. „Ich möchte eine optisch schöne Herde. Die Kühe sollen gesund sein und über gute Fundamente und Euter verfügen“, erklärt die Fleckviehzüchterin, die mit ihren Tieren auch auf regionalen Schauen antritt. Seit Lisa einen Eigenbestandsbesamer-Lehrgang erfolgreich abgeschlossen hat, führt sie alle Besamungen eigenständig durch. Bei der Vererberauswahl lässt sie sich nicht reinreden – weder von ihrem CRV- Verkaufsberater Martin Häberer noch von einem Anaarungsprogramm. „Über die infrage kommenden Vererber informiere ich mich hauptsächlich per Internet. Die Abstammungen meiner Tiere habe ich im Kopf. In Sachen Inzucht kann also nichts passieren“, betont sie. Die Landwirtin setzt zu rund 80 % genomische Jungvererber von CRV ein. Die Brunstbeobachtung erfolgt über Aktivitätsmessung durch die beiden Roboter. Außerdem macht Lisa Heinrich täglich zwei bis drei Kontrollgänge durch die Ställe. Der Besamungsindex beträgt 1,6.
Seit fünf Jahren setzt die Züchterin auf die genomische Selektion. Sie zählt zu den ersten Fleckviehzüchtern, die dieses Instrument genutzt haben. „Ich lasse alle Kuhkälber und jedes interessante Bullenkalb typisieren. Gefällt mir ein Kalb nicht, wird es verkauft. Bei den übrigen Kuhkälbern nutze ich dann die genomischen Informationen später für die Auswahl eines passenden Vererbers.“ Schon seit Jahren hat es die zweifache Mutter gereizt, einen Zuchtbullen zu züchten – sowohl aus finanzieller Sicht als auch für das Ego. Nachdem sie dann mit Hilfe der Genotypisierung die viel versprechende Raldi-Tochter Florida identifiziert hatte, kontaktierte sie CRV. Der CRV-Produktmanager Fleckvieh, Johannes Wolf, fuhr nach Weißenstadt, um sich Floridas gesamte Kuhfamilie anzuschauen und bekundete Interesse. „Florida stammt aus dem sehr interessanten F-Stamm, der auf Flecki zurückgeht“, so Lisa. „Diese Linie ist vor allem im Exterieur extrem positiv. Die Tiere sind großrahmig und schwer und können viel Futter aufnehmen. Die Fundamente und die Euter sind top, und das gilt auch für die Leistung sowie für die Eutergesundheit. Es ist einfach eine perfekte Linie!“
Über den Markt des Zuchtverbands Oberfranken kaufte Johannes Wolf später die heutigen Besamungsstiere Wüstensohn und Hirn für CRV an. Wüstensohn resultierte aus einer Spülung Floridas mit Wordcup, und der Hero-Sohn Hirn war Floridas erstes selbst ausgetragenes Kalb. Auf diese Erfolge ist Lisa Heinrich zu Recht stolz. „Als ich die Verantwortung für die Herde übernommen habe, befand sie sich bereits auf einem hohen Niveau. Aber die genomische Selektion hat
dazu beigetragen, dass wir sie in den letzten Jahren genetisch gesehen noch einmal deutlich verbessern konnten.“
Ausblick
Als nächstes Zukunftsprojekt hat die Familie Heinrich den Kälberstall ins Visier genommen. Ob der alte Stall umgebaut oder ein komplett neuer Stall errichtet werden soll, ist noch nicht entschieden. Darüber hinaus will Lisa Heinrich weitere Besamungsbullen ziehen. Und sie will die durchschnittliche Laktations- und Lebensleistung ihrer Kühe deutlich steigern, was jedoch noch durch die Mortellaro-Problematik erschwert wird, in deren Folge viele leistungsmäßig hoch veranlagte Tiere den Betrieb leider zu jung verlassen müssen. Die Mehrfachbelastung, der Lisa Heinrich als Landwirtin, Mutter und Hausfrau ausgesetzt ist, empfindet sie nicht als Problem – zumindest so lange nicht, wie ihre Schwiegereltern noch so gut mithelfen (können).
Betriebsspiegel
Betriebszweige: Milcherzeugung, Zucht, Kartoffel-Direktvermarktung
Bestand: 130 Fleckviehkühe plus Nachzucht
Leistung: 8 600 kg Milch; 4,10 % Fett; 3,46 % Eiweiß
Erstkalbealter: 26,2 Monate
Zwischenkalbezeit: 378 Tage
Besamungsindex: 1,6
Fütterung: Gras- und Maissilage, Biertreber, Getreide- und Rapsschrot, Mineralfutter und Bioactiv; am Roboter gibt es zwei Sorten Kuhkorn
Fläche: 100 ha, davon jeweils rund 50 ha Grünland und 50 ha Acker für Kleegras, Mais, Getreide sowie Kartoffeln
Aktuelle CRV-Vererber: Wüstensohn, MyDarling, Emerald, Picard und Ehrsam