Über Fruchtbarkeit und warum Kühe wie Pflanzen sind

Kategorie: Allgemein
Anna Bruhn: Tierärztin und FertiPlanerin bei CRV
Anna Bruhn: Tierärztin und FertiPlanerin bei CRV

„Kühe sind wie Pflanzen: Sie entwickeln ihre Potentiale nicht dadurch, dass man an ihnen zieht, sondern dass man ihnen die besten Rahmenbedingungen zum Wachstum gibt.“
In Anlehnung an ein Zitat von Dr. Matthias Rohs

Für mich als Tierärztin, die auf Fruchtbarkeit spezialisiert ist, spielt das Management eine große Rolle. Es kann sofort angepasst werden. Zucht dauert mir meist zu lange, obwohl dort gerade auch in den Bereichen Futtereffizienz und Fruchtbarkeit schon viel erreicht wurde. Kühe sind wie Pflanzen: Sie wachsen nicht dadurch, dass man an ihnen zieht – sondern wenn die Rahmenbedingungen passen.

Milchleistung ist ein „Abfallprodukt“ von Gesundheit. Genauso die Fruchtbarkeit – es ist ja eine Leistung, zusätzlich zur Milchleistung, tragend zu werden. Das ist keine unmögliche Leistung, sondern physiologisch so vorgesehen – wenn die Bedingungen gut sind. Ist die Energieversorgung nicht ausreichend für beides, dann leidet die Fruchtbarkeit.


Energiebilanz im Blick

Die wichtigsten Grundlagen sind die Futteraufnahme und Krankheiten. Entzündungen produzieren das Hormon PGF, das die Fruchtbarkeit nachhaltig stört. Gerade Klauenerkrankungen werden oft nicht als Entzündung wahrgenommen, machen sich aber durch die unterschwellige PGF-Produktion bemerkbar. Die negative Energiebilanz (NEB) nach der Kalbung wird durch gute Futteraufnahme der Trockensteher verringert. Nach der Kalbung steigt die Futteraufnahme erst langsam, die Milchleistung jedoch sehr schnell. Wenn die Energieausgaben (Milchleistung, Gebärmutterrückbildung, sozialer Stress) höher sind als die Energieeinnahmen durch die Futteraufnahme, macht die Kuh also „Energieschulden“.

Das Teure an Schulden sind die Zinsen, genauso begleiten die Nachwirkungen der NEB die Kuh auch ziemlich lange und sind sehr teuer. Im geburtsnahen Zeitraum sind Kühe mit starker NEB und Gewichtsverlust anfällig für Krankheiten wie Gebärmutterentzündung, Labmagenverlagerung und Lahmheit.


Folgen für die Fruchtbarkeit

Die Langzeitfolgen für die Fruchtbarkeit entstehen dadurch, dass Abbauprodukte aus dem Körpermasseverlust in die Eiblasenflüssigkeit eingelagert werden und die Eizelle schädigen. Brunsten werden nicht gut gezeigt oder fallen ganz aus, der Zyklus verlängert sich und aus geschädigten Eizellen entstehen nicht lebensfähige Embryonen. Auch schlechte Befruchtungsergebnisse sind typische Folgen der NEB. Ein weiterer Kostenfaktor wird durch die NEB beeinflusst: die Persistenz. Hatten Kühe am Anfang der Laktation Schwierigkeiten, werden sie am Ende die Milch nicht halten. Diese Folge ist sehr langfristig und wird dadurch oft nicht in Zusammenhang gebracht.

Wenn es Probleme mit der Fruchtbarkeit gibt, gehört es zu den wichtigsten Aufgaben, die NEB zu vermeiden. Die hängt im Wesentlichen von der Futteraufnahme der Trockensteher ab. Ein Patentrezept gibt es nicht! Was immer gilt: Die TM-Aufnahme verbessern! Oft sehen wir unsere eigenen Möglichkeiten nicht. Hier hilft ein offenes Gespräch mit dem Tierarzt, Fütterungsberater oder auch Berufskollegen. Natürlich ist nicht alles umsetzbar, aber ein paar Ideen bekommt man immer.